On the road mit (m)einem Mann als Beifahrer. Es kommt selten vor, dass Mann eine Fahrpause braucht und das Lenkrad dankbar abgibt. Aber schon nach einer Viertel Stunde ziehen Wolken auf. In doppeltem Sinne. Wenn er Pause macht, will er auch keine Fragen nach dem Weg beantworten. „Süße, stell´ keine Fragen. Fahr einfach bis ich Stop sage.“ Na gut. Noch vor den ersten Regentropfen wird er nervös. „Du, jetzt kommt der Regen, lass mich wieder fahren.“ – Nein, ich kann auch im Regen fahren. – „Ja eh, aber….“ – Wer kennt sie nicht, die altbekannte Diskussion über Vertrauen am Beifahrersitz. Ich behalte das Lenkrad. Daneben beginnt das Herumgewetze. Fenster auf, Fenster zu, Füße rauf, Füße runter. Einer Kuhherde schreit er „Muuuuhhhhh“ entgegen. An der Grenze zu Kärnten jolt er „Lei Lei!“. Irgendwann wuzelt er sich entgegen unserer Nichtraucher-Auto-Regel ungeniert eine Zigarette. Bevor er gänzlich überschnappt, überlasse ich ihm wieder das Steuer. Seine strahlenden Augen sind Gold Wert – wie ein Junge, der sein erstes BMX-Rad bekommen hat 🙂
Samstag. Wanderung entlang der Lepenjica. Angeblich kommt man in circa einer Stunde zu einem kleinen Wasserfall. Wir gehen über zwei Stunden. Man könnte meinen, entlang eines Flusses kann man sich nicht verlaufen. Doch, wir können. Und finden dabei herrliche Fotomotive. Nach dem kleinen Dschungel-Wasserfall gelangen wir in einen bemoosten Hobbit-Wald. Nächste Fotosession…
Am Rückweg beobachten wir Fliegenfischer, bei denen ist das Soca-Tal ebenso beliebt wie bei Kajak-Fahrer*innen. Angeblich sind die Forellen hier drei bis vier Kilo schwer. Die Fischer sind top ausgestattet, um nicht zu sagen freakig 🙂
Am Abend ist unser Campingplatz voll. Überall klimpert Geschirr. Time for dinner. Unseres will nicht so richtig gelingen. Die Nudeln brennen im „Reaktor“ an und schmecken schleimig. Neidisch schielen wir zu unseren Nachbarn. Sie kochen jeden Tag groß auf – vor ihrem charmanten 70er-Jahre-Winnitou-Zelt (später stellt sich heraus, es ist nagelneu, aus reiner Baumwolle, Marke Spatz). Sie haben sogar ein Küberl für Bio-Abfall mit.
Sonntag. Chris holt frisches Gebäck. Es gibt Hoffnung! Die Sonne scheint, die dicken Wolken bleiben noch hinter den Bergen hängen. Unsere Nachbarin zeigt uns Bilder ihrer Malerei – saftige Farben, fein verarbeitet mit Tusche und Acryl. Das herzliche Pärchen ist viel herumgekommen, Frankreich, Norwegen, Kanada, Alaska… Sie erzählen auch von Hochzeitseinladungen, die so gar nicht in die Urlaubsplanung passen. Sie lieben das reduzierte Leben unter freiem Himmel, so wie wir. Die Männer sind der Meinung, dass Duschen überbewertet sei. Zähneputzen auch. Das sehen wir Frauen dann doch anders.
Heute wandern wir der Soca entgegen, zum Soska Pot. Chris lässt die Drohne durch die tiefe Schlucht fliegen und bringt sie zum Glück wieder ins Trockene. Am Nachmittag wird es richtig heiß. Oxi und ich hängen zwischen den Bäumen, während Chris noch einmal in die Luft geht. Tag der Wortspiele.
Am Abend beginnt es zu regnen, Schnürlregen bei leuchtendem Himmel. Wir lauschen dem Regen bei offener Heckklappe, spielen eine Runde Rumykub und dösen zur Belustigung unserer Nachbarn „wie die Stapelmännchen“. Sie laden uns auf ein Glaserl französischen Rotwein und selbstgemachten Dattel-Kokos-Nuss-Kakao-Bällchen ein. Die macht Sie für Ihn als Alternative zu Schokolade. Ich mag keine Datteln, aber diese Bällchen sind richtig lecker.
Unsere Gespräche drehen sich um Nervosität und Getriebenheit, Urlaub als Flucht und Ankommen in der Heimat. Sie erzählt, dass sie heute mit ihrem Kajak hängen geblieben und umgekippt sei. Sie wäre lieber gestorben als von anderen gerettet zu werden. Man oder frau müsse es alleine schaffen. Es gehe um die Balance zwischen Angst und Selbstvertrauen, im Wasser, am Berg, im Leben. Das Ziel sei die innere Freiheit. Am Ende des philosophischen Abends sind wir alle froh, dass Sie doch gerettet wurde.
Es ist spannend Gleichgesinnte zu treffen, die ähnliche Lebensauffassungen haben und Glück ähnlich definieren. Die sich auch unter vielen Menschen einsamer fühlen als alleine in der Natur. Und die auch das leise Surren von elektrischen Geräten hören – ich bin also nicht verrückt! 🙂 Danke, liebe Campingnachbarn, für die wunderbare Zeit. Wir hoffen, wir treffen uns wieder einmal!