Von Norldlichtern, Norbotten-speed und dem schauderlich schönen Gefühl der Ruhe*
4 große Handtücher, 4 Kleine, 4 Mal Bettwäsche … und wohin bitte darf ich dann meine ganz persönlichen Sachen packen?
Die duffle bag ist prallvoll und erscheint mir ziemlich übertrieben… doch wer schon einmal 300 km über dem Polarkreis viel Zeit im Winter draussen verbracht hat, der weiß auch, dass es besser ist, ein Kleidungsstück mehr als zu wenig mitzuschleppen…
Außerdem habe ich vor während der kommenden Woche die Blockhütte unserer wildout homebase – einem Wildniscamp in der Nähe Kirunas, das wir (Petra, Edgar, John) in den letzten Jahren aufgebaut haben – besser auszustatten.
Daher die ganze Haushaltsware in meinem Gepäck.
Schweden…
Schon am Flughafen, wo ich Reini treffe, ein begnadeter Naturfotograf und lieber Freund, stellen wir fest, dass unsere blau–gelbe Taschenkombination definitiv als Zeichen für die gute Länderwahl steht.
Schweden… genauer – Lappland, der Norden Schwedens. Uns erwarten 4 bis 5 Stunden Tageslicht, mit einem Sonnenlichteinfallswinkel, mit dem in unseren Breiten sicher noch nie ein Eiskristall wachgeküsst wurde*
Beim Anflug auf den Flughafen Lulea schunkelt es uns ein bisschen hin und her… Reini grinst, während ich dem Ende nah bin (in diesem Zusammenhang möchte ich jetzt einmal ganz klar heraus erwähnen, dass es etwas gibt, das ich ganz und gar nicht mag…. das Fliegen in einem Passagierflugzeug)… in diesem Sinne liegt es nahe, dass ich mich wie die Göttin persönlich fühle, als wir heil die vereiste Landepiste bis zum Ausgang schlendern.
Das Mietauto und die Straßenverhältnisse scheinen sich gut zu ergänzen.
Als wir am kommenden Morgen nach ausreichend Schlaf die wunderschöne Brücke (ein Wahrzeichen dieser Stadt) überqueren und in Richtung Europastraße 10 unterwegs sind, schleicht sich das Gefühl von Freiheit ein…
Die winterlichen Fahrbedingungen halten mich als Autofahrerin auf Trab, keine Salzstreuung, keine Splitstreuung und Eisfahrbahn.
Wenn uns ein Lastwagen auf der gegenüberliegenden Fahrbahn entgegenkommt, dann bleibt mir nur das Lenkrad liebevoll festzuhalten und zu warten bis sich die Schneestaubwolke wieder verflüchtigt hat… nur nicht bremsen, nur nicht stressen….. und das gelingt nach einigen hundert Kilometern immer besser.
Reini, dieses ausgeglichene Wesen, sitzt am Beifahrersitz und füttert mich mit Mineral und guter Musik 🙂
Ab und an bleiben wir stehen, weil wir es uns nicht verkneifen können die am Dach liegenden und bis auf den Motorblock verwerteten Fahrzeuge zu fotografieren.
Nach knappen 350 Kilometern kommen wir in Kiruna an. Der arktische Charakter schlägt uns mit dem Schneewind entgegen.
Stärken – muss man sich in dieser Stadt unbedingt beim Arctic Thai. Einem verschrobenen, aber sehr sympathischen Fresh Food – Thai, bei dem man gut und preiswert essen kann. Danach noch schnell sicherstellen, dass sich Frühstück, Getränke und Essen für die kommenden 2 bis 3 Tage in unserem Auto finden, Zündhölzer und Wasser in Flaschen eingepackt… fertig.
Auf geht´s ins Camp
Das Infragestellen der Schaffbarkeit der kommenden Situation gehört scheinbar zu meinen eher ungünstigeren Eigenschaften… und so schwitze ich schon vor dem Eintreffen an der Homebase das rosarote Blut einer Frau, die sich zu viel mit Wäsche und Putzen beschäftigt 😉
Mit einem gewissen Ehrgeiz manövrieren wir den Toyota über die frisch verschneite Zufahrt… alles geht glatt, der Parkplatz ist im Handumdrehen vom Reini ausgeschaufelt und ich darf damit beginnen die Hütte einzuräumen und zu heizen…
Nach ein paar Minuten ist es warm, am Tisch steht ein Tee und die Kniffel-Würfel (Spiel) sind ausgepackt. Erstmal gemütlich, nehmen wir uns vor… und noch bevor ich meine Hax´n auf dem gegenüberliegenden Stuhl rasten lassen kann stürzt Reini bei der Tür herein, sammelt sein Fotoequipment zusammen und eilt bei der Tür hinaus mit den verhallenden Worten…überall Nordli….
NORDLICHTER*
Und so ist es… ganze 3 Nächte lang sehen wir jeden Abend zauberhafte Nordlichter über den Himmel schweifen, flackern, lodern und schlussendlich dort stehen. Wie ein Tor… ein Tor zu einer anderen Welt. Unter diesem Himmel stehend philosophieren wir darüber, dass es eigentlich völlig klar ist, dass sich die nordische Kultur den Naturgöttern gewidmet hat. Es gibt hier bei den Samen – Sami, das sind die nomadischen Bewohner und Rentierzüchter des Nordlandes – viele Götter, die bei den täglichen Aufgaben im Leben mit der Natur Unterstützung bieten.
Morgengrauen… die Helligkeit lässt sich um 8:00 Uhr gerade mal erahnen. So hält sich auch die Motivation in Grenzen mit Fotoequipment bepackt die Hütte zu verlassen.
Doch nach und nach schiebt ein gewisses Tageslicht die Dunkelheit beiseite und entfesselt uns aus der Müdgkeit. STRAX (wie die Schweden sagen) … also geschwind, sammeln wir unsere 7 Zwetschken ein und machen uns auf den Weg nach Jukkasjärvi. Jukkasjärvi ist in etwa 8km von unserem Standort entfernt. Dort wurde vor einiger Zeit die Idee geboren ein Eishotel zu errichten. Ein Palast aus Eis. Wirklich sehenswert. Unten, am gefrorenen Fluss, dem Thorneälv wartet schon ein Schlittenhundegespann auf seine Mitreisenden. Ich stelle dem Musher (Schlittenhundeführer) einige Fragen über das Leben hier, über die Arbeit mit seinen Hunden und nach netter Einwilligung seinerseits beginne ich die Hunde zu streicheln… Die Unruhe und Vorfreude im Team der eingespannten Hunde ist groß. Seltsame Laute fliegen durch den Wind… bald geht es los, bald geht es los… Mit dieser seltsamen Art der Spannung in der Luft verabschieden wir uns von diesem Erlebnis und unsere Aufmerksamkeit gilt der Gruppe auf den Skidoos, die gerade um die Ecke biegen.
Ich schaue mit Sehnsucht auf die supergenialen Schneescooter, während jemand in singendem Schwedisch einige Sätze in meine Richtung spricht… als ich mich umdrehe sehe ich einen jungen Mann mit Gehörschutz auf mich zusteuern. Er fragt mich, ob er seinen Gästen meine Hunde zeigen darf. Ich entgegne ihm, dass er meinetwegen die Hunde streicheln darf, sie mir aber nicht gehören. Wir kommen ins Gespräch. Er möchte wissen, was ich als Österreicherin hier tue. Ich zeige auf Reini, der einige Meter entfernt Hunde, überdimensionale Schneefräsen und Skidoms fotografiert – erkläre ihm, dass wir hier in unserem eigenen Camp (schwedisch stuga) Urlaub machen und die Gegend und ihre Möglichkeiten zu dieser Jahreszeit auskundschaften.
Der Skidooguide erzählt mir von seiner Arbeit, der Arbeit mit den Gästen und dem Leben hier oben. Leider müssen wir uns kurz halten, weil seine Leute nach Aufmerksamkeit verlangen und er ihnen das Eishotel zeigt, allerdings bleibt dieser Geschmack von… ICH WILL AUCH AUF SO EINE „MASCHIN“… noch lange nachdem er fort ist erhalten.
Nachdem der Tag sich eigentlich schon wieder mit Dämmerlicht umgibt, halten wir uns noch ein wenig am Samimuseum und in der herrlich bunt gestalteten samischen Kirche auf….
Unsere Fotokollegen, uns eher unbekannt und augenscheinlich asiatischer Herkunft, turnen uns die adäquaten Shooting-Stunts vor. Wir albern auch noch ein wenig herum… und bahnen uns dann den Weg in die nächstgelegene Großstadt – Kiruna.
Langsamkeit in NORRBOTTEN
Ich bin ja persönlich immer wieder sehr beeindruckt von der Langsamkeit, mit der in Norrbotten alles so geschieht. An der Kassa – kein Stress. Das Wort Verkehrschaos ist dieser Kultur fremd, denn entweder Du bewegst Dich mit Deinem fahrbaren Untersatz den Umständen entsprechend – oder Du bleibst zuhause. Übrigens… die fahrbaren Untersätze im hohen Norden sind etwas für Liebhaber der guten, alten Autonatur. Autos aller namhaften Marken bollern und brummeln an einem vorbei. Manchmal erfasst mich blanker Neid… denn schon den Jugendlichen ist es aufgrund der Witterungsumstände und der Tatsache, dass ca. 7 Monate lang Winter herrscht, erlaubt, sich mit sogenannten Kinderautos fortzubewegen (der Aixam des Nordens) – 2-Sitzer-Autos mit geringer Leistung bis 25km/h und einem großen, sichtbaren Warndreieck an der Heckscheibe.
Die Geschichte von der echten Katzenwäsche
Um hier einmal das Wort Wildniscamp in eine Form zu bringen, die dann auch ein realistisches Bild erzeugen kann, möchte ich gerne die übertiebene Sinnhaftigkeit einer Sauna (also grund-sinnvoll und darüber hinaus) in einem Camp, wie der wildout homebase, erklären 🙂
Die Sauna ist ja in nordischen Gefielden ein nahezu selbstverständliches Genussmittel für Körper und Seele. Was uns betrifft – unsere Campsauna ist tatsächlich sehr geräumig und bietet einen Ausblick in die Ruhe und Einsamkeit eines typisch schwedischen Waldes. Manchmal von Norlichtern umhüllt, ist dieses Haus aber auch gleichzeitig das einfachste und gemütlichste Badezimmer, das ich kenne. So zählt zu den 2 Aufgaben des Saunaofens auch das Erhitzen von Waschwasser. In einem Zuber mischt man dann final, also das kalte und das heiße Wasser ganz nach Geschmack und wäscht sich am Ende des Saunaganges.
Ich persönlich genieße davor ab und an noch gerne den „Bauchfleck“ in den norischen Fluffy-Pulver* – das gibt Kraft… und verleiht der Sinnhaftigkeit eines beheizten Raumes noch einen zusätzlichen Wellnessstern ****
Ich könnte noch endlos lange über diese 5 Tage berichten, die doch letztendlich nur aus ca. 20h Tageslicht und vielen Hausübungen für Nachtschattengewächse wie Reini und mich bestanden.
Doch es ist circa so, wie es mich der heilige Skidooguide gelehrt hat… „Here you find the GAS – over there is the break, LETŚ GO !!!!“ – und weg war er … und das ERLEBNIS war GROSS!!!
Und so wurde aus dem schlichten Vorhaben eine kleine Runde zu drehen – eine kurze knackige Tour, die ich niemals mehr vergessen werde… und die mir gezeigt hat…
If you don´t go… you don´t have a story…
Daher lege ich Dir ans Herz – solltet Du auch nur im Ansatz einmal daran gedacht haben den hohen Norden und seine Einzigartigkeit zu entdecken…
Go for it… die Elche warten auf Dich*
Weitere Infos
Hüttenbuchung und Tourenplanung: www.wildout.at
Bilder: Reinhold Wenzel
Petra