Ich komme als erster in Gaishorn an der Mautstation an. Der Betreiber der Mautstraße freut sich über mein Kommen, da um diese Jahreszeit nicht mehr viel los ist. Ein freundliches “kumm eina” reicht aus und ich sitze bei ihm in der warmen Stube. Er fragt mich, was so am Plan steht. Ich erzähle ihm, wir haben hier ein Treffen – kennen uns aber alle nicht persönlich. Er findet das sichtlich amüsant und öffnet sich ein Bier. Nach und nach treffen auch die anderen ein. Nach kurzem gegenseitigem Beschnüffeln und mit Ausrüstung bis unter die Zähne bewaffnet machen wir uns auf den Weg.
Es gibt mehrere Wege auf die Mödlinger Hütte. Wir fahren über die Mautstraße bis zum oberen Parkplatz, um Zeit zu sparen. Das letzte Stück, ca. 30-40 Minuten, geht es zu Fuß über eine schöne Schotterpiste bis wir aus dem Wald kommen und sich der Reichenstein in seiner vollen Pracht zeigt. In der Nacht hat es ein wenig geschneit, Wolkenfetzen hängen in der Luft, die Sonne scheint – traumhafte Bedingungen! Auspacken und los geht´s – “Rudelknipsen” vom Feinsten.
Wir sind eine illustre Runde. Georg, Martin, Christian, Thomas und ich. Wir verstehen uns auf Anhieb, tauschen uns über das Fotografieren aus und geben uns gegenseitig Tipps. Nach kulinarischer Stärkung in der Mödlinger Hütte (www.moedlingerhütte.at), die unser Stützpunkt bis morgen bleibt, brechen wir Richtung Berg auf. Rund um die Hütte gibt es einige sehr gute Hotspots. Jemanden dabei zu haben, in diesem Fall Georg, der diese Plätze kennt, ist Gold wert, spart unglaublich viel Zeit und wir sind zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Für mich ist es interessant zu beobachten, wer welches Motiv wählt und von welcher Position aus er es fotografiert. Ein Nebeneffekt des gemeinsamen Fotografierens ist, dass wir auch Bilder von uns selbst bekommen. Eher eine Seltenheit als Fotograf.
REDEN BRINGT DIE LEUT´ ZAM. JEDER HAT SEINE GESCHICHTE.
Thomas erzählt uns seine. Als Jugendlicher von der Fassade gestürzt, im Rollstuhl gelandet und sich wieder auf die Beine gekämpft. Passionierter Astrofotograf. Kein Stern, den er nicht kennt. Kein Hindernis, das er trotz Beinschienen und Ruchsack mit 15-20kg nicht bezwingt. Kein Problem, das er nicht löst und immer ein Lächeln auf den Lippen. Macht auch vor der Kamera eine gute Figur. Bricht nie ohne einen Doppler Almdudler auf. Beindruckend. Einige Bilder von ihm findet ihr auf der Facebook Seite der Sternwarte Gmunden.
Christian, selbstständig im Bereich EDV und Software, ist aus Graz angereist. Für ihn war es ein besonderes Abenteuer, denn für ihn war vieles an diesem Wochenende das erste Mal. Konnte leider nur am ersten Tag dabei sein. Motivation hat er aber mit Sicherheit ausreichend aus diesem Tag mitgenommen, mittlerweile hat er das zweite Semester der LIK Akedemie für Foto und Design abgeschlossen. P.S. finde ich großartig, dass du das gemacht hast!
Der Martin. Ruhig, bedacht und im Qualitätsmanagment beschäftigt. Überlegt sich jeden Schritt ganz genau. Passionierter Skitourengeher, Mountainbiker, begeisterter Bergfex. Ein Mensch, den du dir am anderen Ende des Seiles wünscht, da man sich zu 100 Prozent auf ihn verlassen kann.
Georg. Hat uns zusammengebracht – das ist auch schon das Stichwort: Leute zusammenbringen. Organisiert, plant und liefert auf den Punkt. Ein Meister seiner Klasse, mehrfach für seine Arbeit ausgezeichnet. Zitat: “Mich ständig weiterentwickeln und Neues lernen, meine Aufgaben ernst nehmen und so perfekt wie möglich realisieren, mich mit meinen Projekten identifizieren, ehrlich zu mir selbst und zu meinem Umfeld sein, nur für Auftraggeber arbeiten, die meine Arbeit zu schätzen wissen, weil ihnen gefällt, was ich mache und wie ich es mache”. Bilder von Georg findet ihr auf Sunshine moments.
Wir haben den unteren Grad am Reichenstein noch rechtzeitig vor dem Sonnenuntergang erreicht. Ein Panorama wie aus dem Bilderbuch. Kälte und Wind können uns nichts anhaben – was zählt sind jetzt die Bilder. Jeder ist in seinem Element, der Blutrausch hat voll eingesetzt. Ein Ausblick schöner als der andere, wie Gämsen wechseln wir die Positionen, um in kurzer Zeit möglichst viele Motive einzufangen bis uns das goldene Licht verlässt und die blaue Stunde einsetzt. Noch ein paar Bilder und wir entschließen uns bei Dämmerung auf einen geeigneten Platz weiter unten abzusteigen. Wir wollen noch Aufnahmen vom Sternenhimmel machen. Thomas ist dabei unser Experte, beschreibt uns den Sternenhimmel und erklärt uns warum seine Objektive mit gelbem Tape umwickelt sind. Mit sinkenden Temparaturen wird klar, warum eine Objektivheizung Sinn macht.
Gute Nacht John Boy. Die Lichter im Schlaflager gehen aus – morgen wollen wir früh aus den Federn.
Spät dran, aber gerade noch rechtzeitig erwartet uns ein beeindruckender Sonnenaufgang. Wir haben Glück, richtig Glück. Der Himmel spielt alle Farben und das “Rudelknipsen” geht von Neuem los.
Chris